Dem Vergessen ein Zuhause geben!
Neue Erkenntnisse zum Thema Demenz - Prävention und Diagnostik
Seit über 15 Jahren Demenzforschung ist das Resümee ernüchternd. Insgesamt wurden in dieser Zeit 3 neue Medikamente zur Behandlung der Alzheimerdemenz zugelassen. Die Entwicklung von über 100 neuen Medikamenten musste erfolglos abgebrochen werden. Auch in den nächsten Jahren ist hier wohl kein therapeutischer Durchbruch zu erwarten.
Besser geworden sind allerdings die Diagnostik, klarer die Informationen zu Risikofaktoren und zur Vorbeugung (Prävention) der Demenz. So besteht in Fachkreisen inzwischen Konsens darüber, dass es nicht eine einzelne molekulare Ursache, sondern ein breites Spektrum von zur Krankheitsentwicklung beitragenden Faktoren und Grunderkrankungen gibt. Diese wirken im Lebensverlauf in unterschiedlichen Krankheitsphasen auch unterschiedlich stark ein.
Zu den bedeutendsten heute bekannten Risikofaktoren, um an einer Demenz zu erkranken, gehören eine stattgehabte depressive Erkrankung, Übergewicht und Bluthochdruck im mittleren Lebensalter (35- 65 Jahre), ein erhöhter Blutfettspiegel, Diabetes Mellitus, Rauchen und körperliche Inaktivität. Es gibt entsprechende Studien, die darauf hindeuten, dass unabhängig vom Alter, Geschlecht und von der Bildung ein doppelt so hohes Demenzrisiko besteht, wenn 3 oder mehr dieser Risikofaktoren vorliegen.
Was ist zu tun? Grundsätzlich lassen sich alle diese Faktoren beeinflussen, zum Teil lebenslang vermeiden. Ferner kann man sich, wenn die Gedächtnisleistung scheinbar abnimmt, entsprechend untersuchen lassen. Bei der Untersuchung geht es dann darum, die verschiedenen Einflussfaktoren und Grunderkrankungen zu erfassen und weitere behandelbare Ursachen einer Gedächtnisstörung (z.B. obstruktives Schlafapnoesyndrom, Vitamin B12-Mangel, Medikamentennebenwirkungen etc.) zu erkennen. Nur wenn diese erkannt sind, können sie gezielt behandelt werden. Ferner besteht das Ziel darin, mögliche Risikopatienten in ein Kontrollsystem (recall) aufzunehmen und regelmäßig im Verlauf zu untersuchen. Hierzu gehören in erster Linie Patienten mit bereits bestehenden, in speziellen Tests gesicherten, leichten Einschränkungen und mit einer Vielzahl von Risikofaktoren. Das Ziel besteht darin, möglichst frühzeitig zu erkennen, ob und wann eine Veränderung zu einer Demenz erfolgt.
Perspektivisch wird hier diagnostisch die Liquoruntersuchung ("Nervenwasserdiagnostik") eine noch größere Bedeutung einnehmen und wohl auch in spezialisierten ambulanten Zentren durchgeführt werden. Damit wird es möglich sein, eine Demenzerkrankung auch schon Jahre vor den ersten Einschränkungen zu erkennen. Bestätigt sich die Diagnose, ist eine rechtzeitige und gezielte, auch medikamentöse, Therapie notwendig. Dabei müssen nicht nur die Demenzerkrankung, sondern auch alle anderen bedeutsamen Grunderkrankungen und Einflussfaktoren (z.B. Begleitmedikation) berücksichtigt werden.
Ferner geht es darum, das Lebensumfeld so zu gestalten, dass zusätzliche psychische Belastungen vermieden werden. Hierzu stehen heute verschiedene, aufeinander abgestimmte Betreuungs- und Behandlungsangebote zur Verfügung, die, jenach Erkrankungsfortschritt, genutzt werden können. Für bereits Erkrankte ist im weiteren Verlauf in der Regel eine Fortführung der fachärztlichen Begleitung durch einen Spezialisten notwendig, da häufig zusätzliche Verhaltensbesonderheiten auftreten (z.B. Störung des Schlaf- Wachrhythmus, Unruhe etc.), die spezielle Therapien erfordern. Hier stellt die auch überregionaltätige Gedächtnisambulanz in der Memo Clinic® Stralsund eine entsprechende Anlaufstelle für Erkrankte und Angehörige dar.
Das Fachbuch ist seit Mai 2014 im Fachhandel zu einem Preis von 26,99 Euro unter der ISBN: 978-3-89935-285-6 erhältlich.